01.10.2025

Andexanet alfa bei Hämorrhagie: Hoffnung hat sich nicht erfüllt

Eine auf Veranlassung der EMA durchgeführte vergleichende Studie zeigt ausschließlich negative Effekte

Die Kriterien für eine effektive Hämostase überzeugen uns nicht. Mehrere schwerwiegende Nebenwirkungen treten unter Andexanet alfa häufiger auf. Damit bleibt nur der Schluss, dass der Wirkstoff einen geringeren Nutzen hat als die Standardbehandlung.

Daniela Preukschat, Bereichsleiterin im IQWiG-Ressort Arzneimittelbewertung, 10/2025

Kommt es während einer Behandlung mit einem Gerinnungshemmer zu einer lebensbedrohlichen oder nicht kontrollierbaren Blutung, muss die Wirkung des Antikoagulans, also des Gerinnungshemmers, so schnell wie möglich aufgehoben werden. Für die Antikoagulation mit Rivaroxaban oder Apixaban steht seit 2019 der Wirkstoff Andexanet alfa zur Verfügung, der damals als vielversprechend wahrgenommen wurde. In einer ersten frühen Nutzenbewertung lagen jedoch keine vergleichenden Studiendaten vor, sodass das Fazit lautete: nicht belegt. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) fasste einen befristeten Beschluss. Nach Ablauf der Befristung hat der Hersteller nun erneut ein Dossier eingereicht, das diesmal aussagekräftige Daten aus einer Studie enthält, die die europäische Zulassungsbehörde (EMA) veranlasst hatte.

In diese Studie waren ganz überwiegend Betroffene mit intrazerebraler Blutung eingeschlossen. Im Vergleichsarm war jegliche Behandlung außer Andexanet alfa möglich, was der zweckmäßigen Vergleichstherapie (individualisierte Therapie) entspricht. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sieht auf Basis dieser Studiendaten einen Anhaltspunkt für einen geringeren von Andexanet alfa gegenüber der Vergleichstherapie.

Primärer Studien-Endpunkt nicht relevant für die Nutzenbewertung

„Der Hersteller sieht beim primären seiner Studie positive Effekte, aber dieser Endpunkt ist für die Nutzenbewertung nicht aussagekräftig“, erläutert Bereichsleiterin Daniela Preukschat aus dem IQWiG-Ressort Arzneimittelbewertung. Primärer Endpunkt war eine effektive Hämostase, für die mehrere Kriterien erfüllt sein mussten. Unter anderem durften zwölf Stunden nach der die Hämatome nicht um mehr als 35 Prozent expandiert sein, und der sogenannte NIHSS-Score, der zur Früherkennung von Schlaganfällen herangezogen wird, durfte um höchstens sechs Punkte angestiegen sein. „Was die Grenze der Hämatom-Expansion angeht, so ist deren Patientenrelevanz unklar, da in mehreren Studien kein Zusammenhang zwischen dem auf die Hämatomexpansion und einer langfristigen Beeinträchtigung zu erkennen war.“

Dafür zeigen sich bei mehreren schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Herzerkrankungen, thrombotische Ereignisse und ischämischer Schlaganfall Anhaltspunkte für einen höheren Schaden, teils auch erheblichen Ausmaßes. „Bei diesen Nebenwirkungen steht die Patientenrelevanz außer Frage“, so Daniela Preukschat. „Damit bleibt nur der Schluss, dass Andexanet alfa bei intrazerebralen Blutungen einen geringeren Nutzen hat als die Standardbehandlung.“

G‑BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G‑BA ein Stellungnahmeverfahren durch und beschließt über das Ausmaß des Zusatznutzens.

Kontakt für die Presse

Der IQWiG-Infodienst

Tagesaktuelle Informationen zu Projekten, Ausschreibungen, Stellenanzeigen und Veranstaltungen sowie unsere Pressemitteilungen abonnieren.

IQWiG-Infodienst abonnieren

Kontaktformular

Fragen zu Aufträgen, Publikationen und Pressemitteilungen können Sie über dieses E-Mail-Formular an uns richten.

zum Kontaktformular