17.12.2008

Kinder und Jugendliche können lernen, mit Migräne umzugehen

Vermeiden von Migräne-Auslösern kann helfen / IQWiG warnt vor dem Einsatz von Arzneimitteln, die für junge Menschen nicht zugelassen sind

Weihnachtsrummel, Aufregung und viel Schokolade: Davon können nicht nur Eltern Kopfschmerzen bekommen. Solche Auslöser sind nicht selten auch bei Kindern und Jugendlichen für eine Migräneattacke verantwortlich. Mit Stress umgehen zu lernen und Migräne-Auslöser zu vermeiden, ist für sie genauso wichtig wie die Behandlung mit den richtigen Medikamenten. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) warnt allerdings davor, Migränemedikamente bei Kindern einzusetzen, die nur für Erwachsene zugelassen sind. Das Institut hat die neuesten Forschungsergebnisse zu Migräne analysiert und Informationen zum Lesen und Hören veröffentlicht, die sich direkt an Kinder und Jugendliche richten.

Hilfe für Kinder und Jugendliche mit Migräne

Bei jungen Menschen ist Migräne gar nicht so selten: Einer von zehn Heranwachsenden hat ab und zu mit Migräne-Anfällen zu kämpfen. Die gute Nachricht ist: Wer als Kind Migräne hat, muss nicht unbedingt damit rechnen, auch als Erwachsener Migräneattacken zu bekommen.

Verlässliches Wissen kann jungen Menschen helfen, ihre Migräne besser in den Griff zu bekommen und Attacken vorzubeugen, so das Institut. Zum Beispiel ist es wichtig, dass Kinder und Jugendliche den Unterschied zwischen verschiedenen Kopfschmerzarten kennen. Denn nicht jeder Kopfschmerz ist eine Migräne. "Migräne verursacht bei Jugendlichen dieselben pochenden, einseitigen Schmerzen wie bei Erwachsenen", so der Leiter des IQWiG, Professor Dr. med. Peter Sawicki. "Es gibt aber auch Unterschiede: Die Attacken können bei Kindern kürzer sein und sind öfter mit Bauchschmerzen oder Übelkeit verbunden. Eine sogenannte Aura mit Lichtblitzen oder verschwommenem Sehen erleben sie aber nur selten."

Auch wenn die genauen Ursachen für Migräne noch nicht erforscht sind, weiß man, dass zum Beispiel manche Lebensmittel bei einigen Menschen Migräne auslösen können - dazu gehört auch Schokolade. Stress und Schlafmangel sind andere häufige Auslöser. Wenn junge Menschen erst einmal ihre persönlichen Migräne-Auslöser kennen, können sie versuchen, sie zu vermeiden. "Ein Migräne-Tagebuch kann helfen, herauszufinden, welche Umstände einer Migräneattacke vorausgehen und ob es etwas nützt, wenn man zum Beispiel ein verdächtiges Nahrungsmittel weglässt", so Professor Sawicki.

Migränemedikamente: Unterschiedliche Therapie für Kinder und Erwachsene

Um eine Migräneattacke durchzustehen, genügt es häufig, sich in einem ruhigen, abgedunkelten Raum hinzulegen, eine kühlende Auflage auf die schmerzende Kopfseite zu legen und zu versuchen, einzuschlafen. Sind die Schmerzen zu stark, kommt man manchmal um Schmerzmittel nicht herum. Ibuprofen und Paracetamol sind bei Kindern und Jugendlichen nachgewiesenermaßen am besten untersucht und haben wenig unerwünschte Wirkungen. Wenn diese Mittel nicht ausreichen, ist für Kinder ab zwölf Jahren ein spezielles Migränemedikament namens Sumatriptan als Nasenspray verfügbar.

Die Auswahl an Migränemedikamenten ist für Erwachsene viel größer als für Kinder und Jugendliche; dies gilt sowohl zur Behandlung als auch zur Vorbeugung von Migräneattacken. Denn die meisten Mittel sind für Kinder und Jugendliche nicht zugelassen. Professor Sawicki: "Medikamente wirken bei Kindern und Heranwachsenden oft anders. Solange ein Körper noch wächst, können sie unerwartete Nebenwirkungen haben. Dies bedeutet, dass man bei Kindern nicht einfach niedrigere Dosierungen eines Mittels für Erwachsene einsetzen kann. Leider sind fast alle Migränemedikamente bisher nicht ausreichend in Studien mit Kindern und Jugendlichen getestet und daher auch nicht für sie zugelassen."

Kindern und Jugendlichen werden dennoch nicht selten Erwachsenen-Medikamente gegen Migräne gegeben. Das Institut warnt Eltern und Jugendliche daher vor den besonderen Risiken des sogenannten "Off-label use". Diese Anwendung eines Medikaments außerhalb seiner Zulassung hat nicht die gleiche wissenschaftliche Basis und ist auch rechtlich und finanziell nicht so abgesichert wie der Einsatz zugelassener Medikamente. So ist fraglich, wer für eventuelle unerwünschte Wirkungen haftbar ist, und die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten meist nicht.

Informationen für Eltern, Kinder und Jugendliche

Das Institut hat heute auf seiner Websitewww.gesundheitsinformation.de allgemeinverständliche Informationen für Familien über die neuesten Forschungsergebnisse zur Migränebehandlung und -vorbeugung bei Kindern und Jugendlichen veröffentlicht. Ein Merkblatt richtet sich direkt an junge Menschen und ist auch als MP3-Datei zum Anhören verfügbar. Außerdem ist auf der Website ein Migräne-Tagebuch zum Ausdrucken und Ausfüllen zu finden.

Die IQWiG-Website gesundheitsinformation.de informiert die Bevölkerung allgemeinverständlich und aktuell über medizinische Entwicklungen und Forschungsergebnisse zu wichtigen gesundheitlichen Fragen. Wer über die neuesten Veröffentlichungen der unabhängigen Gesundheits-Website auf dem Laufenden sein möchte, kann den gesundheitsinformation.de-Newsletter abonnieren.

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