02.12.2021

Nivolumab zur adjuvanten Behandlung von Ösophagus-Karzinomen: Hinweis auf geringen Zusatznutzen

Betroffene entwickeln weniger Rezidive als bei beobachtendem Abwarten. Das Fehlen von Daten zum Gesamtüberleben ist nicht sachgerecht und führt zu einer Herabstufung des Zusatznutzens.

In einer frühen Nutzenbewertung hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersucht, ob Nivolumab bei der adjuvanten Behandlung Erwachsener mit Karzinomen des Ösophagus oder des gastroösophagealen Übergangs und einer pathologischen Resterkrankung nach vorheriger neoadjuvanter Chemoradiotherapie (CRT) einen gegenüber beobachtendem Abwarten hat.

Die Betroffenen bilden weniger Rezidive aus als unter der zweckmäßigen Vergleichstherapie. Dieser positive wird durch drei negative Effekte in anderen Endpunkten nicht vollständig aufgehoben. Zugleich sind die vorgelegten Daten unvollständig: Der Effekt auf das Gesamtüberleben kann nicht beurteilt werden. Insgesamt verbleibt ein Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen von Nivolumab gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie.

Erstmals zur adjuvanten Behandlung des Ösophaguskarzinoms zugelassen

Nivolumab ist ein monoklonaler Antikörper, der an einen Rezeptor auf den T-Zellen bindet und das Immunsystem stimuliert, indem er eine Hemmwirkung unterdrückt. Der Wirkstoff ist zur Behandlung verschiedener Krebserkrankungen zugelassen, unter anderem beim Melanom, Nierenzellkarzinom, Urothelkarzinom, nicht kleinzelligen Lungenkarzinom, Hodgkin-Lymphom und Ösophaguskarzinom.

Nun wurde Nivolumab erstmals auch zur adjuvanten Behandlung Erwachsener mit Karzinomen des Ösophagus oder des gastroösophagealen Übergangs zugelassen, die nach vorheriger CRT eine pathologische Resterkrankung haben. Dies machte eine weitere frühe Nutzenbewertung erforderlich.

Studie vergleicht Nivolumab mit Placebo

Das Dossier des Herstellers beruht auf einer noch laufenden, doppelblinden randomisierten kontrollierten Studie an Erwachsenen mit Karzinomen des Ösophagus oder gastroösophagealen Übergangs im Stadium II oder III bei der Erstdiagnose, in der Nivolumab mit verglichen wurde – eine hinreichende Annäherung an die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegte zweckmäßige Vergleichstherapie beobachtendes Abwarten. Primärer war das krankheitsfreie Überleben. Das Dossier enthält für die Endpunkte zum Gesundheitszustand, zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität und zu den Nebenwirkungen Ergebnisse eines ersten Datenschnitts, für das krankheitsfreie Überleben und die Rezidivrate auch Ergebnisse eines zweiten Datenschnitts.

Keine Daten zum Gesamtüberleben

Daten zum Gesamtüberleben fehlen, obwohl sie in der vorliegenden onkologischen Indikation von besonderer Bedeutung sind. Dem Hersteller zufolge waren die Daten zum ersten Datenschnitt noch zu „unreif“. „Das ist aber kein Grund dafür, diese Daten nicht vorzulegen“, so Thomas Kaiser, Leiter des Ressorts Arzneimittelbewertung im IQWiG. „Und es erklärt nicht, warum er auch zum zweiten Datenschnitt keine Angaben zum Gesamtüberleben macht. Dieses Vorgehen ist nicht sachgerecht.“

Da derzeit aber nichts darauf hindeutet, dass Nivolumab beim Gesamtüberleben schlechter abschneidet als ein beobachtendes Abwarten, kann aus den Daten zu den anderen Endpunkten der Studie grundsätzlich ein abgeleitet werden. Dessen Ausmaß wird jedoch aufgrund der Unsicherheit über das Gesamtüberleben herabgestuft.

Vorteil bei Rezidiven, Nachteile bei Nebenwirkungen

In mehreren Endpunkten aus den Kategorien , gesundheitsbezogene Lebensqualität und Nebenwirkungen gibt es keine Anhaltspunkte für Vor- oder Nachteile von Nivolumab gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie.

Für den Rezidive (operationalisiert über die Rezidivrate und das krankheitsfreie Überleben) zeigt sich jedoch ein deutlicher Vorteil von Nivolumab im Vergleich zu . Daraus ergibt sich ein Hinweis auf einen beträchtlichen . Dem stehen drei negative Effekte in Endpunkten aus der Kategorie Nebenwirkungen gegenüber: beim Abbruch der Behandlung wegen Nebenwirkungen, bei Infektionen und parasitären Erkrankungen sowie bei Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems. Diese stellen den positiven Effekt für den Endpunkt Rezidive aber nicht gänzlich infrage.

In der Gesamtschau ergibt sich für erwachsene Patientinnen und Patienten mit Karzinomen des Ösophagus oder des gastroösophagealen Übergangs mit pathologischer Resterkrankung nach vorheriger neoadjuvanter CRT ein Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen von Nivolumab gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie beobachtendes Abwarten.

G‑BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der ein Stellungnahmeverfahren durch und fast einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.

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