04.01.2016

Pomalidomid bei Multiplem Myelom: Keine Anhaltspunkte für Zusatznutzen

Dossier des Herstellers liefert für die Bewertung keine geeigneten Daten

Pomalidomid (Handelsname Imnovid) ist seit 2013 zur Therapie eines Multiplen Myeloms zugelassen, das erneut aufgetreten ist und sich nur schwer behandeln lässt. Das Medikament kommt für Erwachsene infrage, die bereits zwei oder mehr Therapien erhalten haben, unter anderem mit den Wirkstoffen Lenalidomid und Bortezomib, und bei denen die letzte Therapie nicht ausreichend gewirkt hat. Pomalidomid wird mit dem Wirkstoff Dexamethason kombiniert.

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat in einer Dossierbewertung überprüft, ob dieser Wirkstoff gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie einen bietet. Weil das Dossier keine geeigneten Daten enthält, lässt sich ein solcher jedoch nicht ableiten.

Als Tumorhemmer nach erfolglosen Vorbehandlungen

Das Multiple Myelom ist eine seltene lebensbedrohliche Krebserkrankung, bei der sich krankhaft veränderte Plasmazellen im Knochenmark unkontrolliert vermehren. Dadurch kommt es zu Knochenschäden, Störungen der Blutbildung und einem geschwächten Immunsystem.

Pomalidomid soll in Kombination mit dem Glukokortikoid Dexamethason das Tumorwachstum bei wiederkehrendem (rezidiviertem) und schwer behandelbaren (refraktären) multiplen Myelom hemmen: Es ist zugelassen zur Behandlung von Erwachsenen, die mindestens zwei vorausgegangene Therapien (darunter Lenalidomid und Bortezomib) erhalten haben und bei denen unter der letzten Therapie das Tumorwachstum fortgeschritten ist.

Orphan Drug überschreitet Umsatzschwelle

Bei Arzneimitteln gegen seltene Erkrankungen (Orphan Drugs), beispielsweise Pomalidomid, gilt der formal mit der Zulassung als belegt. Dies gilt allerdings nur, solange der Jahresumsatz mit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) 50 Mio. Euro nicht übersteigt.

Nun hat der Jahresumsatz von Pomalidomid diese formale Schwelle überschritten und der Hersteller muss in seinem Dossier Nachweise über den medizinischen des Wirkstoffs gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie vorlegen.

G-BA unterscheidet zwei Therapiesituationen

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) unterscheidet zwei Patientengruppen und hat dafür verschiedene zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt: Patientinnen und Patienten, die für eine zielgerichtete Therapie geeignet sind, sollen eine patientenindividuelle Therapie nach Maßgabe des Arztes entsprechend der Zulassung erhalten. Diese hängt unter anderem davon ab, welche Behandlungen bereits versucht wurden.

Kommt eine zielgerichtete Therapie nicht mehr infrage, soll die bestmögliche, patientenindividuell optimierte, unterstützende Behandlung zur Linderung von Symptomen und zur Verbesserung der Lebensqualität eingesetzt werden (best supportive care, BSC).

Zielgerichtete Therapie: Umsetzung und Dosierung nicht adäquat

Das Dossier liefert jedoch für keine der beiden Patientengruppen relevante Daten: Die einzige Studie (MM003) mit Patientinnen und Patienten, für die eine zielgerichtete Therapie infrage kommt, ist nicht dazu geeignet, einen abzuleiten.

In der Studie wurde die Gabe von Pomalidomid in Kombination mit niedrigdosiertem Dexamethason verglichen mit der einheitlichen Gabe von hochdosiertem Dexamethason an alle Studienteilnehmer im Kontrollarm. Inwiefern hier individuelle Faktoren wie Vortherapien und Ansprechen berücksichtigt wurden, ist im Dossier nicht dargelegt. Therapieanpassungen waren im Studienverlauf nicht vorgesehen. Überdies entspricht die hohe Dosierung von Dexamethason nicht der Zulassung. Damit ist aber die zweckmäßige Vergleichstherapie, nämlich eine patientenindividuelle zielgerichtete Therapie nach Maßgabe des Arztes, nicht adäquat umgesetzt.

Behandlung ohne zielgerichtete Therapie: Daten fehlen

Für die zweite Therapiesituation, Patientinnen und Patienten ohne zielgerichtete Therapie, legte der Hersteller keine Studiendaten vor. Deshalb ergeben sich aus dem Dossier insgesamt keine Anhaltspunkte für einen von Pomalidomid.

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Diese Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.
Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.

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