Offener Brief des IQWiG zur Empfehlung des Senats der Leibniz-Gemeinschaft, die Förderung der ZB MED durch Bund und Länder zu beenden

22. April 2016

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erstellt Gutachten über den und den Schaden von medizinischen Maßnahmen für Patientinnen und Patienten. Unsere Aufträge erhalten wir hauptsächlich vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), dem obersten Beschlussgremium der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen. Das IQWiG ist in seiner wissenschaftlichen Arbeit unabhängig, das heißt weder Industrie noch Krankenkassen oder Behörden können die Inhalte unserer Gutachten beeinflussen. Mithilfe unserer Gutachten entscheidet der , ob die Kosten einer Leistung von den Krankenkassen erstattet werden.

Das A und O unserer wissenschaftlichen Arbeit ist die . Gemeint ist damit eine medizinische Versorgung, die sich nicht allein auf Meinungen und Übereinkünfte stützt, sondern auf Belege. Grundlage unserer Gutachten ist daher die systematische Beschaffung wissenschaftlicher Fachliteratur, die zu einem großen Teil aus Zeitschriftenaufsätzen besteht.

Seit vielen Jahren bestellen wir den größten Teil der Literatur über die ZB MED. Sie ist ein verlässlicher Partner, der Bestellungen flexibel, zeitnah und zuverlässig abwickeln kann. So hat das IQWiG etwa im Jahr 2015 knapp 3500 Volltexte über den Dokumentenlieferdienst bestellt.

Die wissenschaftliche Infrastruktur der ZB MED zur Sammlung und Erschließung der medizinischen Literatur sowie der Dokumentenlieferdienst sind entscheidend für die Arbeit des IQWiG. Mit dem Wegfall der Literaturversorgung durch die ZB MED würde die Erfüllung unseres gesetzlichen Auftrags erheblich mühsamer und kostspieliger. Volltexte, die wir bislang für 7,50 € bestellen können, müssten wir unter Umständen für mehr als das Vierfache des Preises über die Verlage erwerben.

Darüber hinaus weckt die wissenschaftspolitische Tendenz Besorgnis: Wichtige Dienstleistungen wie die Datenbanken des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) entfallen, und Institutionen wie die ZB MED werden abgewickelt, mit der Folge, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Literatur zunehmend direkt bei den Verlagen erwerben müssen. Deren prohibitive Preisgestaltung wurde in den letzten Jahren zu Recht scharf kritisiert – nicht zuletzt von der Leibniz-Gemeinschaft.

Wir bitten Sie daher dringend, dafür Sorge zu tragen, dass die zentrale medizinische Literaturversorgung erhalten bleibt. Derzeit ist keine andere Institution in Deutschland in der Lage, übergangslos diese Aufgabe zu übernehmen. Die Schließung der ZB MED würde daher die Arbeit vieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gefährden.

Köln, 22. April 2016