Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG) Stellungnahme vom 07.06.2024 des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum Referentenentwurf des GDAG vom 07.05.2024

07.06.2024

Stellungnahme als PDF herunterladen:

1 Vorbemerkung

Mit dem vorgelegten Referentenentwurf des Gesundheits-Digitalagentur-Gesetzes (GDAG) soll die bestehende Gesellschaft für Telematik (gematik GmbH) in eine Digitalagentur weiterentwickelt werden, um die Verantwortlichkeiten zur Schaffung der Telematikinfrastruktur für die Gesundheitsversorgung neu zu setzen. Insgesamt soll die Digitalisierung des Gesundheitswesens effizient koordiniert werden. Das IQWiG begrüßt diese Zielsetzung.

Das IQWiG nimmt zu dem zugrundeliegenden Referentenentwurf nachfolgend zu Aspekten Stellung, die sich aus den in §139a SGB V definierten Aufgaben des Instituts ableiten.

2 Berücksichtigung der Bedarfe von Bürgerinnen und Bürgern

Der Referentenentwurf thematisiert an verschiedenen Stellen die Festlegung von Standards der „Benutzerfreundlichkeit“, insbesondere in der Änderung von §311 SGB V, Nummer 18.

Das ist verbunden mit dem Ziel, „zukünftig eine Ende-zu-Ende-Betrachtung“ vorzunehmen, um „Nutzungshürden frühzeitig zu erkennen und diese bereits ab dem Zeitpunkt der Konzeption von digitalen Anwendungen zu minimieren“.

Diese Ziele der „Benutzerfreundlichkeit“ und „Ende-zu-Ende-Betrachtung“ bedingen es, Anwendungsfälle und Bedarfe zu berücksichtigen, die sich durch die Nutzung digitaler Anwendungen durch Bürgerinnen und Bürger ergeben.

Die heterogene Gruppe der Bürgerinnen und Bürger hat zum einen heterogene Kompetenzen
und technische Möglichkeiten. Sie benötigt zum anderen ergänzende Daten und Informationen, die primär nicht von den Leistungserbringern zur Verfügung gestellt werden.

Dem Referentenentwurf und der Begründung ist bislang nicht zu entnehmen, wie diese bei Bürgerinnen und Bürgern bestehenden Anwendungsfälle und Bedarfe erhoben und gehandhabt werden.

Das IQWiG schlägt vor, in §311 SGB V den Abschnitt 4 zu ändern. Bislang lautet der Abschnitt „Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben hat die Gesellschaft für Telematik die Interessen von Patienten zu wahren und die Einhaltung der Vorschriften zum Schutz personenbezogener Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen Seite 2 von 2 Daten sowie zur Barrierefreiheit sicherzustellen. Sie hat Aufgaben nur insoweit wahrzunehmen, als dies zur Schaffung einer interoperablen, kompatiblen und sicheren Telematikinfrastruktur erforderlich ist.“

Die im 2. Satz formulierte Einschränkung widerspricht bislang dem Ziel einer Ende-zu-Ende- Betrachtung auch aus Sicht von Bürgerinnen und Bürgern. Wir schlagen daher folgende Änderung vor:

Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben hat die Gesellschaft für Telematik die Interessen von Patienten zu wahren und die Einhaltung der Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten sowie zur Barrierefreiheit sicherzustellen. Sie hat Aufgaben insoweit wahrzunehmen, als dies zur Festlegung nutzerfreundlicher, interoperabler, kompatibler und sicherer digitaler Anwendungen erforderlich ist.

Mit dieser Änderung ist die Voraussetzung geschaffen, die Berücksichtigung der Bedarfe von Bürgerinnen und Bürger explizit in die Aufgaben der zukünftigen Digitalagentur aufzunehmen.

Wir verweisen zur weiteren Begründung auch auf Stellungnahme des IQWiG zur GIGV-Novelle.

3 Berücksichtigung der Perspektive von Institutionen der Versorgungssteuerung und Forschung im Rahmen eines Europäischen Gesundheitsdatenraumes

Der Referentenentwurf thematisiert an verschiedenen Stellen, dass die Digitalagentur Gesundheit die Aufgabe als digitale Gesundheitsagentur im Sinne der europarechtlichen Vorgaben vorbereit und übernehmen soll. Dies wird insbesondere in §311 SGB V, Nummer 20 formuliert.

Darin wird die „Vorbereitung der Wahrnehmung der Aufgaben einer digitalen Gesundheitsagentur nach den europarechtlichen Vorgaben über einen Europäischen Gesundheitsdatenraum“ erwähnt, die unter anderem die Unterstützung des Forschungsdatenzentrums nach § 303d SGB V bei der Bereitstellung von Gesundheitsdaten für die Sekundärnutzung umfasst.

Auf nationaler Ebene haben Sekundärdatennutzer aus den Bereichen Forschung und Versorgungssteuerung bereits die Möglichkeit, ihre Perspektive gegenüber dem Forschungsdatenzentrums nach § 303d SGB V einzubringen in Form des Arbeitskreises Versorgungsdaten. So soll beispielsweise die bestmögliche Nutzbarkeit der betreffenden Daten für definierte Nutzungszwecke der Forschung und Steuerungsaufgaben erreicht werden.

Das IQWiG schlägt vor, dass auch auf europäischer Ebene bei der Gestaltung des Europäischen Gesundheitsdatenraumes Möglichkeiten geschaffen werden, die es Institutionen der Versorgungssteuerung und Forschung ermöglichen, ihre Perspektive und Nutzungsbedarfe einzubringen.