28.02.2023

ThemenCheck Medizin: Das IQWiG bringt vier neue Berichte auf den Weg

Per Ausschreibung sucht das Institut jetzt externe Wissenschaftlerteams, die Antworten auf die ausgewählten Bürgerfragen recherchieren und ausarbeiten.

„Können nicht medikamentöse Verfahren wie Rizinusöl oder Akupunktur bei Geburtsverzögerungen den Geburtsvorgang fördern?“, „Können operative Verfahren Bewegungseinschränkungen und Schmerzen bei Arthrofibrose im Knie reduzieren?“, „Führt eine verkürzte Antibiotikatherapie zu vergleichbaren Behandlungsergebnissen?“ und „Welche gesundheitlichen Folgen haben operative geschlechtsangleichende Verfahren bei Geschlechtsinkongruenz für Betroffene?“.

Diese vier medizinischen Fragestellungen hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) für wissenschaftliche Untersuchungen ausgewählt. Die Themen stammen aus den Vorschlägen, die Bürgerinnen und Bürger im Rahmen des ThemenCheck Medizin eingereicht haben. Die Auswahl erfolgte in Kooperation mit Bürgerinnen und Bürgern sowie Patientinnen und Patienten.

Jetzt sucht und beauftragt das IQWiG externe Wissenschaftlerteams. Diese werden die vier ausgewählten Fragestellungen untersuchen und jeweils eine wissenschaftliche Gesundheitstechnologiebewertung (engl. = HTA) dazu erstellen. Die Bewertungen werden dann als ThemenCheck-Berichte beim ThemenCheck Medizin auf der Internetseite des Instituts veröffentlicht.

Die Themenvorschläge im Detail

Geburtsverzögerungen: Ab der 41. Schwangerschaftswoche wird in der Regel empfohlen, eine Geburt einzuleiten, um die Wahrscheinlichkeit von Folgeschäden für Mutter und Kind zu verringern. Etwa 20 bis 25 Prozent der Geburten in Deutschland werden aufgrund solcher Geburtsverzögerungen künstlich eingeleitet. Dies geschieht meist mit Medikamenten. Viele Frauen erkundigen sich aber auch nach traditionellen oder „natürlichen“ Methoden. Hierunter fallen zum Beispiel Rizinusöl, ein Nelkenöltampon oder Akupunktur. Es soll nun untersucht werden, ob auch diese Verfahren bei Geburtsverzögerungen den Geburtsvorgang fördern können und welche Risiken und Nebenwirkungen damit einhergehen.

Die Arthrofibrose ist eine überschießende Narbenbildung an einem der großen Gelenke. Sie tritt im Knie zum Beispiel als seltene Komplikation nach einer Kreuzbandrekonstruktion oder dem Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks auf. Dabei verdrängen die Bindegewebszellen der Narbe gesundes Gewebe und schränken dadurch die Beweglichkeit des Knies meist dauerhaft und teilweise stark ein. Sie kann auch mit starken Schmerzen einhergehen. Die Arthrofibrose wird oft zunächst mit Krankengymnastik oder Medikamenten (zum Beispiel Kortison) behandelt. Dieser ThemenCheck-Bericht soll eine Antwort auf die Frage finden, ob operative Verfahren wie etwa eine Arthrolyse (chirurgisch-orthopädisches Verfahren zur Wiederherstellung der Gelenkbeweglichkeit) helfen können, Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Knie zu reduzieren.

Antibiotikatherapie: Infektionskrankheiten, die durch Bakterien verursacht werden, lassen sich mit Antibiotika wirksam behandeln. Der falsche oder zu häufige Antibiotikaeinsatz kann aber zur Entwicklung von Resistenzen führen. In diesem Fall wirken die üblichen Medikamente nicht mehr und eine eigentlich gut behandelbare Infektion kann sogar lebensbedrohlich werden. Häufig werden Antibiotika auch nach Verschwinden der Krankheitssymptome eingenommen. Kürzere Einnahmedauern könnten jedoch ebenso wirksam sein und eine Möglichkeit darstellen, Nebenwirkungen zu verringern und Resistenzen entgegenzuwirken. Ob auch eine verkürzte Einnahmedauer zu vergleichbaren Behandlungsergebnissen führt, wird Gegenstand dieses ThemenCheck-Berichts sein.

Unter einer Geschlechtsinkongruenz versteht man das starke und anhaltende Gefühl, dass das empfundene Geschlecht und die körperlichen Geschlechtsmerkmale nicht übereinstimmen. Viele Betroffene empfinden den starken Wunsch, wie ein Mensch mit einer anderen Geschlechtszugehörigkeit zu leben und so behandelt zu werden. Eine Hormonbehandlung oder Operation kann dabei helfen, den eigenen Körper dem bevorzugten Geschlecht vom Erscheinungsbild anzunähern und so den Leidensdruck der Betroffenen zu mindern. Neben den gewünschten Ergebnissen kann eine Hormonbehandlung oder eine Operation jedoch auch negative gesundheitliche Folgen haben. Dieser ThemenCheck-Bericht soll Aufschluss darüber geben, welche gesundheitlichen Folgen operative geschlechtsangleichende Verfahren für Betroffene haben.

Themen einreichen ist einfach und online möglich

Beim ThemenCheck Medizin des IQWiG können Bürgerinnen und Bürger Vorschläge für wissenschaftliche Begutachtungen von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren einreichen. Grundsätzlich sind dafür alle Themen geeignet, die die Gesundheitsversorgung betreffen: von Vorsorgemaßnahmen und Früherkennung über die Diagnostik, die medizinische Behandlung bis hin zur Rehabilitation. Nur die Bewertung von Arzneimitteln ist im Rahmen des ThemenCheck Medizin nicht vorgesehen.

Auf der IQWiG-Website können die Fragen online in ein Formular eingegeben werden. Dazu sind keine medizinischen Fachkenntnisse nötig. Aus den so gesammelten Vorschlägen werden in einem zweistufigen Auswahlverfahren pro Jahr bis zu fünf Themen zur Bearbeitung ausgewählt.

Kooperative Themenauswahl

Bei der Themenauswahl finden sowohl die Bürgersicht und die Patientenperspektive als auch die wissenschaftliche Bedeutung der Themen Berücksichtigung: In einer ersten Stufe trifft ein Auswahlbeirat (besetzt mit Bürgerinnen und Bürgern sowie Patientenvertreterinnen und -vertretern) zunächst eine Vorauswahl von 15 Themen. Vertreterinnen und Vertreter der die Stiftung tragenden Institutionen sowie des Bundesgesundheitsministeriums unterstützen das IQWiG dann in der zweiten Auswahlstufe dabei, die für ThemenCheck-Berichte geeigneten Themen zu bestimmen.

Zu den auf diese Weise ausgewählten Themen erstellen externe Sachverständige ThemenCheck-Berichte. Diesen liegt ein strukturierter Fragenkatalog zugrunde, zum Beispiel: Was sind medizinische Vor- und Nachteile eines Verfahrens? Ist es besser als bisherige Alternativen? Was kostet es? Sind ethische Aspekte zu beachten? Hat das Verfahren gesellschaftliche Auswirkungen? Dabei recherchieren externe Sachverständige die wissenschaftliche Literatur zu den Fragen, bewerten ihre Ergebnisse und geben auf dieser Grundlage Empfehlungen ab.

Die finalen ThemenCheck-Berichte umfassen jeweils den wissenschaftlichen des externen Forschungsteams und einen Herausgeberkommentar des IQWiG. Eine zusätzlich erstellte Kurzfassung („ThemenCheck kompakt“) gibt Bürgerinnen und Bürgern eine leicht verständliche Zusammenfassung zu den Ergebnissen des jeweiligen ThemenCheck-Berichts.

Alle bis zum 31. Juli 2023 beim ThemenCheck Medizin eingegangenen Themenvorschläge gehen in die nächste Auswahlrunde ein.

Weitere Informationen zum ThemenCheck Medizin

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