Die Preis- und Kostenentwicklung von Orphan Drugs von 2011 bis 2023
Die reguläre Nutzenbewertung von Orphan Drugs führt in den meisten Fällen zu einer weiteren Preisreduktion, aber es sind auch Preissteigerungen möglich. Dies ist das Ergebnis einer IQWiG-Analyse.
Im deutschen Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) haben Arzneimittel gegen seltene Leiden (Orphan Drugs) eine Sonderstellung: Um ihre Entwicklung trotz wirtschaftlicher Risiken zu fördern, müssen Hersteller dafür nicht sofort mit dem Marktzugang, sondern erst dann einen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie nachweisen, wenn der Jahresumsatz die 30-Millionen-Euro-Schwelle überschreitet. Bis dahin gilt der fiktive Zusatznutzen ohne reguläre Nutzenbewertung als belegt. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) quantifiziert dann lediglich anhand der (Zulassungs-)Unterlagen das Ausmaß des Zusatznutzens. Ein Vergleich gegenüber der Standardtherapie (zweckmäßige Vergleichstherapie) muss selbst dann, wenn es bereits langjährig bewährte Therapieoptionen gibt, nicht vorgelegt werden. Ist im Rahmen dieser „eingeschränkten Bewertung“ keine Einordnung in die Kategorien „gering“, „beträchtlich“ oder „erheblich“ möglich, so muss der G-BA dem Wirkstoff immer noch einen „nicht quantifizierbaren“ Zusatznutzen attestieren.
Analyse von 23 Wirkstoffen zwischen 2011 und 2023
Das IQWiG untersuchte in einem Generalauftrag, inwiefern sich die Preise von Orphan Drugs nach der eingeschränkten Bewertung und nach einer darauffolgenden regulären Nutzenbewertung veränderten. Die Analyse umfasste insgesamt 23 Orphan Drugs, die seit 2011 bis Mitte 2023 einschließlich eines 13-monatigen Beobachtungszeitraums beiden Bewertungsverfahren für dasselbe Indikationsgebiet unterzogen wurden.
Das Ergebnis: Nach den eingeschränkten Bewertungen sank der Preis der betrachteten Orphan Drugs im Mittel um 14,7 Prozent im Vergleich zum Einstiegspreis in den deutschen Markt. Nach der regulären Nutzenbewertung hat der GKV-Spitzenverband im Mittel einen weiteren Preisabschlag in Höhe von 12,6 Prozent (max. 40,3 Prozent) ausgehandelt. Preisaufschläge gegenüber dem Preis vor Verhandlung zeigten sich ausschließlich nach regulären Nutzenbewertungen, wenn ein tatsächlicher Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie nachgewiesen wurde (maximal 14,2 Prozent Preisaufschlag).
Das Fazit des IQWiG: Bei Orphan Drugs, die zunächst nur eine eingeschränkte Bewertung durchlaufen haben, führt die reguläre Nutzenbewertung in den meisten Fällen zu einer relevanten Veränderung des Preises. Die Richtung der Preisänderung, d. h. eine Preissenkung oder -steigerung, wird bei regulären Nutzenbewertungen durch den Zusatznutzen bestimmt, aber weitere Faktoren beeinflussen offenbar ebenfalls die konkrete Höhe der Preisänderung.